Entstehung und Entwicklung

Vom See zur Kulturlandschaft Belege allein aus den letzten 200 Jahren zeugen von einer unglaublichen Metamorphose des ehemaligen nacheiszeitlichen Flachwassersees zwischen dem Schweriner See und Neustadt-Glewe: Fast völliger Entwaldung folgten teils Aufforstungen und eine Nutzung der übriggebliebenen Sümpfe als Heuwiesen. Nach Entwässerungsmaßnahmen entstanden Rinder- und Pferdeweiden oder sogar Äcker. Riesige Teichflächen bedecken heute ehemalige Wiesengebiete. Bäche und sogar Flüsse wurden umgeleitet, begradigt oder verschwanden völlig. Aus kleinen Flößgräben wurden große schiffbare Kanäle. Schleusen und Brücken wurden gebaut, modernisiert und teilweise wieder demontiert, aus Knüppeldämmen wurden Straßen. All dies ging stets mit einer gravierenden Veränderung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen und der Flora und Fauna einher. Im Folgenden sollen ein kurzer Abriss und einige historische Beispielbilder diese außergewöhnliche Wandlung veranschaulichen. Die geologische Formung der Lewitz vollzog sich während der jüngsten Vereisung, dem Weichselglazial (endete ca. 9000 v. Chr.). Die Ablagerungen stammen vor allem aus dem Frankfurter und Pommerschen Stadium des Weichselhochglazials. Nach dem Abtauen des Eises entstanden durch die Sedimentation von Schmelzwassersanden weitgehend ebene Flächen mit z. T. geringen Grundwasserflurabständen. Während der Abtauphase des Frankfurter Stadiums wurde durch südlich abfließendes Schmelzwasser das Sandergebiet im Bereich der heutigen Lewitz aufgebaut (Oberer Sander). Im Pommerschen Stadium kam es dann zur Entstehung gewaltiger Schmelzwassermengen, die über verschiedene Rinnen herangeführt wurden und nach Süden zur Elde abflossen. Dabei wurde die Lewitzniederung ausgeräumt, deren Sohle als „Unterer Sander“ bezeichnet wird. Die Bodenbildung in der Lewitz wird entscheidend durch die Sedimente der WeichseIkaltzeit bestimmt. Auf diesen Schmelzwassersanden erfolgte im Spätglazial die Besiedlung mit einer Tundrenvegetation, was zur Entstehung von Rohböden führte. Im Holozän kam es zur Verwitterung des Sedimentes und zur Bildung eines Versumpfungsmoores. Dabei handelt es sich um meist flachgründige Torfkörper über Sand, die durch die überwiegend periodisch subaquatischen Verhältnisse, bedingt durch Grundwasseranstieg mit flacher Überstauung, entstanden sind. Ohne menschliche Beeinflussung war die Lewitz ein ausgesprochener Sumpfwald. Große Schwarzerlenbestände wechselten mit Birken, Weiden und Buchenhorsten ab. Darin eingelagert waren Schilfröhrichte- und Großseggenrieder. In dieser unpassierbaren Wildnis lebten in geschichtlicher Zeit noch Wisente, Elche, Bären und Wölfe. "Lowit" nannten die Wenden dieses wildreiche Wald- und Sumpfgebiet was soviel wie jagen oder Jagdgebiet bedeutet. Bereits im Mittelalter kam es zur Ausbeutung der Holzvorräte, die zur Brenn- und Nutzholzversorgung und auch für Industriezwecke verwendet wurden. Um 1600 gab es an der unteren Elde Eisen- und Sensenhämmer, Glashütten, eine Papier- und Pulvermühle sowie eine Geschützgießerei. Die Wälder wurden überwiegend als „Niederwald“ genutzt, d. h. die Schwarzerlenbestände verjüngten sich durch Stockausschlag wieder. Lange bevor man an die Entwässerung des Lewitzsumpfes dachte, übernahm man es, Elde und Stör schiffbar zu machen. 1576 fuhr das erste Handelsschiff von Dömitz über Elde und Stör in den Schweriner See. Die primitiven Schleusenanlagen verfielen im Laufe des Dreißigjährigen Krieges. Erst 1831 bis 1837 erhielten Stör- und Eldekanal ihre heutige Gestalt. Die alte Stör wurde bei Banzkow abgeriegelt und ist heute infolge Verlandung und Bau des Banzkower Kanals nicht mehr vorhanden. Die letzten Reste, einige versumpfte und verschilfte flache Senken, fielen den Intensivierungsmaßnahmen zu DDR Zeiten zum Opfer. Zur Entwässerung war eine Erweiterung des Gewässernetzes erforderlich. Von 1760 bis 1863 kamen deshalb weitere Kanäle wie z. B. der Brenzer Kanal dazu. Mit der Erweiterung des Entwässerungs-Grabennetzes ging ein stetiger Anstieg des Grünlandanteils, insbesondere im Südteil der Lewitz einher. Eine gravierende Änderung der Wasserverhältnisse erfolgte 1951. Die Wasserstände von Stör- und Eldekanal wurden oberhalb der „Lewitzschleuse“ auf ein Niveau gebracht (Ursprünglich lag der Wasserstand der Elde 0,7 m über dem der Stör.). Da nun der Wasserspiegel des Stör-Kanals über dem angrenzenden Gelände liegt, wurde der linksseitig (nordöstlich) vom Kanal liegende Teil der Lewitz von der Vorflut abgeschnitten. Deshalb wurden drei Düker unter dem Kanal verlegt, die das linksseitig anfallende Wasser unter ihm hindurchleiten. Als weitere Konsequenz wurde das Wasser aus Stör und Elde vollständig durch den „Friedrich-Franz-Kanal“ (Lewitzabschnitt der Müritz-Elde-Wasserstraße) geleitet, sodass die jährlichen Überschwemmungen der Alten Elde von nun an ausblieben. Das Vorhandensein zweier übereinander liegender, Gewässersysteme ermöglicht die Anlage von periodischen Fischteichen. Die ersten Teiche entstanden um 1900; in den 1950er Jahren wurde die Teichfläche auf ca. 900 ha erweitert. In den 50er Jahren war die Lewitz noch mäßig entwässert. Die Wiesen wurden zwar größtenteils nicht mehr überschwemmt, aber die Grundwasserstände lagen so hoch, dass Feucht- und Nasswiesen vorherrschten. Eine Düngung der Wiesen erfolgte nicht, der geringe Aufwuchs machte in der Regel nur einen Schnitt pro Jahr möglich. Pfeifengraswiesen waren der vorherrschende Biotop in der Wiesenlewitz. Davon ist heute nur eine kleine Restfläche von 5,5 ha Größe erhalten geblieben. Das sind nur ca. 0,1 % der Wiesenlewitz! Durch die Komplexmelioration der 70er Jahre wurde die industrielle Landwirtschaft eingeführt, was zunächst zu deutlichen Ertragssteigerungen führte. Die drastischen Grundwasserabsenkungen hatten jedoch eine Degradierung (Vermullung) des Moorbodens zur Folge, sodass nach wenigen Jahren mit hoher Produktivität ab Ende der 1970er Jahre eine negative Ertragsbilanz des Grünlandes zu verzeichnen war. Heute beherrscht im Bereich der Moorböden relativ ertragsarmes Quecken-Grasland mit eingelagertem Knickfuchsschwanz-Flutrasen das Bild. Grünlandumbrüche zu Acker auf der einen und Extensivierungsmaßnahmen mit Grundwasseranhebung auf der anderen Seite lassen für die Entwicklung des Vogelschutzgebietes nach 1990 sowohl negative als auch positive Tendenzen erkennen.

 
Die Hohe Brücke
Die Hohe Brücke
Im Jahr 1912 für 14.000 M aus Holz erbaut,
lichte Höhe über den Störkanal: 3,50 m
1960 durch eine Betonbrücke ersetzt
Foto: Walter Dahnke, 1951
Die Hohe Brücke heute
Die Hohe Brücke heute
Strich
Holzflößerei auf der Müritz-Elde-Wasserstraße
Holzflößerei auf der Müritz-Elde-Wasserstraße Noch bis in die 50er Jahre
des 20. Jh. wurden teilweise große
Holzmengen als Floß verbunden auf dem
Wasserweg durch die Lewitz befördert.
Foto: Schlünz, 1930er Jahre
Strich
Die Wiesenmeisterei bei Tuckhude
Die Wiesenmeisterei bei Tuckhude
Die Familie des Wiesenmeisters sitzt vor
der 1862 erbauten Dienstwohnung.
Links sieht man die angrenzende, von
alten Kastanien, Eichen und Pappeln
umsäumte Friedrichsmoorsche Allee.
Postkarte um 1906, Sammlung G. Düker
Strich
Der Spornitzer Damm
Der Spornitzer Damm
Der Spornitzer Damm als Sandweg sowie ein Ausschnitt der Wiesenlewitz sieben Jahre vor der ersten großen Komplexmelioration
Foto: Walter Dahnke, 1951
Spornitzer Damm  gegenwärtig
So sieht der Spornitzer Damm
gegenwärtig aus
Strich
Heuernte
Heuernte
Bis in die 1950er Jahre wurden die
Lewitzwiesen hauptsächlich
in Handarbeit oft nur einmal jährlich
zur Heugewinnung genutzt.
Foto: Archiv Heimatstube Garwitz, 1954
Strich
Heuernte
Torfabbau in der Garwitzer Feldmark
Torf wurde überwiegend zur Nutzung als Brennmaterial flachgründig gestochen, auf Loren verladen und schließlich auf dem Elde-Kanal weitertransportiert.
Foto: Schlie,
Archiv Heimatstube Garwitz, 1922


nach Oben

© Erstellt vom Vbf Verlag Burkhard Fellner | allgemeine Informationen

Sie können sich die Bilder vergrößern indem Sie diese anklicken.
Verlinkungen sind Grün dargestellt